Bestandstrend der Wachtel

Bestandstrend der Wachtel (Coturnix coturnix) in der Gemeinde Gülzow von 1990 bis 2000

Remo Wiechert, Güstrow

 

Einleitung

Seit Anfang der 90-er Jahren konnte ein Aufwärtstrend des Wachtelbestandes in Mecklenburg-Vorpommern beobachtet werden (VÖKLER 1998). Bei den meisten Nachweisen handelt es sich um Zufallsbeobachtungen von in der Regel schlagenden (rufenden) Männchen.
Die Wachtel, eine sehr heimliche Vogelart, ist ab den Abendstunden bis in der Nacht am aktivsten. Da sie hauptsächlich auf Äckern, insbesondere Gerste, Weizen, Roggen u. a. (GEORGE 1990, VÖKLER 1998) festgestellt wird, ist der jeweilige Jahresbestand stark abhängig von der Fruchtfolge der landwirtschaftlichen Unternehmen.
Im Folgendem soll die Bestandsentwicklung der letzten zehn Jahren in der Gemeinde Gülzow dargestellt werden.

Das Untersuchungsgebiet (UG)

Das Gebiet der Gemeinde Gülzow wird vorwiegend durch landwirtschaftliche Nutzflächen (Äcker und Frischwiesen) geprägt. Südlich der Ortschaften Boldebuck und Gülzow befinden sich ökologische Versuchsfelder der Landesforschungsanstalt Gülzow (LFA). Gerade diese bilden Jahr für Jahr ein Mosaik aus verschiedensten Getreidearten; vorwiegend aus Weizen, Gerste, Roggen, Erbsen, Triticale, Hafer, Kartoffeln und Mais (THAMM 2001). Im Umfeld der Gülzower Versuchsfelder befinden sich ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen, die sich bis um die Ortschaft Langensee hin ausdehnen.
Drei größere Waldflächen sowie die größte Wasserfläche, der Parumer See, ergänzen die Landschaftsbestandteile im Wesentlichen (siehe Tab. 1).

Tabelle 1: absolute und relative Flächenanteile der wichtigsten Landschaftsbestandteile in der Gemeinde Gülzow

Gem. Gülzow landwirtschaftliche Nutzflächen Waldflächen Gewässer Ortschaften
28,3 km² 22,6 km² 2,4 km² 2,3 km² 1,0 km²
100% 80% 9% 8% 3%

Ergebnisse und Diskussion

Im UG wurden durch ortsansässige Ornithologen ab Anfang der 90-er Jahre regelmäßig Wachteln festgestellt. Der Großteil der Beobachtungen wurde eher zufällig gemacht. Gezielte Kontrollen des Verfassers mit und ohne Tonimitation in den späten Abend- und Nachtstunden des Jahres 2000 vervollständigen die vorliegenden Daten.
Zwischen Mai und August wurden schlagende Wachteln im UG verhört. Die höchste Rufaktivität der Wachtel liegt nach den vorliegenden Beobachtungen im Juni. Danach gibt es einen gleichmäßigen Abfall (siehe Abb. 1). Aus dem September ist nur eine Sichtbeobachtung bekannt (21.09.2000, THAMM).

Erstbeobachtung:
01.05.93 2 Ex. b. Boldebuck und Gülzow / Ge, Th, Wie; 01.05.98 4 Ex. b. Gülzow / Th

Letztbeobachtung:
21.09.00 1 Ex. auffliegend b. Gülzow / Th

Abbildung 1: Verteilung aller schlagenden Wachteln über die Monate

Bei der Bewertung spät rufender Wachteln (Ende Juli und August) muss beachtet werden, dass schon bei wenige Tage alten Küken der Wachtelschlag ausgebildet sein kann (BERGMANN & HELB 1982). Ebenso besteht die Möglichkeit von Spätbruten diesjähriger Jungvögel (GLUTZ VON BLOTZHEIM 1973).
Von 1990 bis 2000 wurden insgesamt 137 schlagende Wachteln verhört. In den Jahren 1991 und 1992 wurden keine Individuen registriert (siehe Abb. 2). Ab 1993 kam es zu einem kontinuierlichen Anstieg der Beobachtungen, der 1998 seinen Höhepunkt erreichte. 1999 wurde der Jahresbestand von 1994 bzw. 1995 festgestellt. Im darauffolgendem Jahr konnte mit gezielten Erfassungen das Ergebnis von 1998 erbracht werden.

Abbildung 2: Exemplare, die mindestens zweimal an einer Stelle vernommen wurden

Der erste überhaupt notierte Nachweis der Wachtel im UG (FACHGRUPPE GÜSTROW) stammt vom 06.08.1979 (POHLMANN). Dann wurde sie erst 1990 wieder festgestellt (THAMM). Aus den dazwischen liegenden Jahren gibt es keine festgehaltenen Beobachtungsdaten. Dies liegt wohl ausschließlich darin begründet, daß in diesem Zeitraum keine Beobachter im UG unterwegs waren. Das Fehlen von Beobachtungen aus den Jahren 1991 und 1992 kann einerseits auf sogenannte „schwache“ Wachteljahre deuten, andererseits aber ebenfalls auf geringe Beobachtungsintensität hinweisen. Das Jahr 1993 brachte die bis dahin höchste Anzahl von besetzten Revieren im UG (siehe Abb.1). In den Folgejahren konnte ein allmählicher Anstieg der Population mit einem Gipfel 1998 festgestellt werden. Diese Entwicklung entspricht dem allgemeinen Bestandestrend der Art in MV (VÖKLER 1998). Danach hatte das „Wachteljahr“ 1993 keinen episodischen Charakter, sondern leitete offensichtlich einen deutlichen Bestandesanstieg der Wachtelpopulation MV’s ein.
Für das UG lassen sich etwa zwei Besiedlungsschwerpunkte abgrenzen. Der Erste liegt zwischen Gülzow und Langensee. Der Zweite erstreckt sich über den Süden der Gemeinde um die Ortschaft Boldebuck (siehe Abb. 3). Die Reviere konzentrieren sich somit auf die mosaikartig verteilten Getreideschläge bzw. die ökologisch bewirtschafteten Ackerfluren.
Ein Grund zur Bevorzugung dieser Flächen könnte der relativ hohe Strukturreichtum sein. Hier besteht die Möglichkeit, nach den augenblicklich überwiegenden Bedürfnissen (Deckung oder Bewegungsfreiheit) zwischen den entsprechenden Flächen zu wechseln. Daher werden in größeren strukturärmeren Flächen Bereiche mit Randeffekten (in der Nähe von Söllen, Gräben oder Senken mit Kümmerwuchs) bevorzugt besiedelt. Flächen mit monotonen Strukturen weisen geringere Besiedlungsdichten auf. Zu diesem Ergebnis kam z. B. auch GEORGE (1990) im Hallenser Raum. Bevorzugte Habitate waren hier Luzernegras, Luzerne, Sommergerste und Sommerweizen (GEORGE 1996).

Abb. 3: Verteilung der Wachtel in der Gemeinde Gülzow

Bedanken möchte ich mich bei U. GEHLHAR und U. THAMM für die Bereitstellung ihrer Daten.

Literatur

BERGMANN, H.-H. & HELB, H.-W. (1982): Stimmen der Vögel Mitteleuropas. BLV Verlagsgesellschaft (München), 415 S.
FACHGRUPPE GÜSTROW: Artdatei der Fachgruppe für Ornithologie und Naturschutz Güstrow
GEORGE, K. (1990): Zu den Habitatansprüchen der Wachtel (Coturnix coturnix). Acta ornithoecol., Jena 2, 2: 133-142.
GEORGE, K. (1996): Habitatnutzung und Bestandssituation der Wachtel (Coturnix coturnix) in Sachsen-Anhalt. Vogelwelt 117: 205-211.
GLUTZ VON BLOTZHEIM, URS N. (1973): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 5, Galliformes und Gruiformes. Akademische Verlagsgesellschaft (Frankfurt am Main), 699 S.
SELLIN, D. (1994): Notizen zum Wachteljahr 1993. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. H 40: S. 35-38.
THAMM, U. (2001): Mündliche Mitteilungen.
VÖKLER, F. (1998): Hat die Wachtel (Coturnix coturnix) in den 90er Jahren zugenommen? – Eine Studie im nördlichen Mecklenburg- Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. H 40: S. 35-38.